Der AMADEUS steht solide im Wandel
Die AMADEUS AUSTRIAN MUSIC AWARDS (AAMA) am 29. April waren heuer wieder die bekannt solide ORF-Fernsehshow wie schon in den vergangenen Jahren, allerdings mit einigen Neuheiten und Experimenten, die nicht nur in der Branche für vielfältige Diskussionen sorgten.
Zuallererst kann man die Straffung auf 90 Minuten definitiv positiv bewerten. Weniger Platz heißt natürlich auch weniger Aufmerksamkeit, aber die Ausuferungen vermeidende Kompaktheit hält TV-Zuschauer sicherlich besser bei der Stange als eine schier nicht enden wollende Abfolge von Laudationen, Dankesworten und Live/Playback-Auftritten.
Hauptneuigkeit und Reibebaum Nummer eins war die Bekanntgabe der acht Genre-Auszeichnungen (Rock/Pop, Alternative, Jazz/World/Blues …) im Vorfeld der Show in dramaturgischer Salamitaktik: spannend für die einen, Aufmerksamkeits-technisch unbemerkt für die anderen. Dahinter steht der Plan, die AAMA mit Bonusinhalten in die sozialmediale Welt zu verlängern. Dazu wurde verschiedenster Video- und Bildcontent der nominierten und prämierten Künstler:innen angefertigt, der auf verschiedensten Kanälen schon Tage vor der TV-Verleihung diverse Berichterstattung generierte. Denn eines ist klar: Preisverleihungen der Entertainmentbranche können den Wunsch der Veranstalter nach einem stundenlang vor dem TV ausharrenden Publikum schon lange nicht mehr einlösen – und das aus verschiedensten Gründen. Das ist bei den großen amerikanischen Preisen die in der europäischen Nacht geschaltete Sendung und bei heimischen Preisen eine späte Programmierung im Hauptabend. Ob der Beginn mit 21.15 Uhr oder 22.20 Uhr angesetzt wird, macht nämlich definitiv einen Unterschied. Ein späterer Termin nimmt gleichzeitig Druck von der Quotenschulter und verlängert wohl den Verbleib der AAMA im ORF-TV. Parallel zu diesen Phänomenen wird Bewegtbildcontent, auch wenn er aus dem terrestrischen TV stammt, immer fragmentierter und aufgesplitteter gesehen und nachgesehen, sei es auf den Angeboten der Medienveranstalter oder im Netz. Also warum diesen Trend nicht nützen und unterstützen?
Sollte diese teilweise Vorab-Preisverlautbarung dem Amadeus erhalten bleiben, wird man sie mit gezielter Kommunikation begleiten und noch besser in den Zielgruppen verankern müssen. Die Nominierten der bereits veröffentlichten Genre-Kategorien wollen freilich in der TV-Show genannt und vorgestellt werden, und das ist man ihnen auch schuldig!
Die Attraktivierung von TV-Kunstpreisverleihungen ist keine leichte Übung und beginnt im Bereich der Musik mit einem Alleinstellungsmerkmal bei den Live-Performances, also speziellen für das Event entworfenen Künstler:innen-Bühnen-Kooperationen. Das Publikum soll etwas zu hören und sehen bekommen, was es noch nie erlebt hat. Frühere Amadeus-Ausgaben haben das bereits vorgemacht. Das ist zwar aufwändig, aber erfolgsversprechend hinsichtlich des Images und der Einzigartigkeit eines Preises. Unerwartete und profilierte Laudator:innen sind ein weiterer Mehrwert fürs TV-Publikum. So brachten die Sportfreunde Stiller eine frische Note in die heurige Verleihung.
Warum nicht auch noch ein wenig „Call to Action“, der Musik und Künstler:innen mit digitalen Gewohnheiten und Lebenswelten des Publikums verbindet: 10×2 Karten für die schnellsten Anrufer oder Internettipper am Ende des Live-Act-Awards oder ähnliches. Ideen liegen hier auf der Straße! Die AAMA sollen und müssen in den nächsten Jahren weiter mutig und experimentell bleiben, besser noch mehr als bisher. Neue Formate der Präsentation und treffendere Publikumsansprachen finden sich nur, wenn man es ausprobiert. Dass damit viele nicht einverstanden sein könnten, ist ein äußerst ermutigendes Zeichen! Irritation, Qualität, Genie, Wahnsinn, Zusammenhalt und ein kritischer Blick auf das gesamte gesellschaftliche und kulturpolitische Umfeld dürfen die Ingredienzien bei der Bereitung und Präsentation der zukünftigen AAMA-Menüs sein.
Link: https://aama.at/