AMADEUS 2019 – erfolgreich unterwegs und noch viel zu tun!
Was macht Musikpreisverleihungen interessant und wesentlich? Persönlichkeiten! So auch bei der 19. Verleihung der Amadeus Austrian Music Awards im Volkstheater Wien am 25. April. Und da überstrahlte DJ Ötzi sie alle. Telepromter braucht er nicht, sieht er nicht, der Gerry Friedle, er legt authentisch los, großer Spruch, klare Botschaft und lustig darf’s auch sein. „Stimmung mit Hirn und Herz auf der Zunge“ ist mittlerweile sein Markenzeichen geworden – eine erstaunliche, positive, ermutigende Entwicklung.
Musikpreisverleihungen haben es schwer
Musikpreisverleihungen lechzen notwendigerweise nach dem Mehr, nach dem Besonderen, nach dem, was auf der Bühne und in Radio/TV/Print-Portraits von Künstlern noch nicht zu erfahren war. Eloquente Laudator_innen, intelligenter Dank, treffsichere Branchenanalysen und der eine oder andere leidenschaftlich politische Kommentar unterhalten das Publikum und bringen den Award ins Gespräch. Das funktionierte beim heurigen Amadeus nicht beispielgebend, aber doch ganz gut. Der Schwerpunkt lag auf Feiern und Wohlfühlatmosphäre.
Engagierte Wortmeldungen kamen von Mavi Phoenix, die außer bei FM4 die Unterstützung heimischer Acts vermisste, und von Norbert Schneider, der wieder mehr Diversität und Diskurs einforderte, besonders auch in der Musikszene selber. Aber auch sonst war implizit und subkutan zu vernehmen, dass trotz erfreulicher Erfolge vielerorts in Sachen heimischer Musik und Musikbusiness noch nicht alles optimal läuft und daher noch einiges zu tun bleibt. Dem ist viel hinzuzufügen, To-Do-Liste wird ausgehängt.
Lebenswerk für EAV
Abseits dieser freundlichen Kritik in homöopathischen Dosen war es ein entspannter, skandalfreier, ein von allzu großen Höhen und Tiefen befreiter Amadeus. Beim Lebenswerk herrschte Konsens, dass dieser Preis auch vom Publikum stehend zu überreichen war. Der EAV gönnten restlos alle diese Auszeichnung, eine kluge und richtige Wahl der Veranstalter. Laudator, STSler und Ex-EAV-Sänger Gerd Steinbäcker hätte ruhig noch ein bisschen mehr aus den gemeinsamen Anfangszeiten erzählen können. Die Standing Ovations waren von Herzen, ausladend. Lange dauerte es, bis Klaus Eberhartinger die Mikrofonhoheit zum Dank erkämpfte und gewohnt humorvoll nützte. Weiters war es leider auch ein AMADEUS der Abschiede: Die EAV im Live-Baba-Modus nach 41 Jahren, Krautschädl streichen nach 16 Jahren ihre Segel.
Der WURST-Faktor
Ideenmäßig stand der Abend unter dem Thema „Vielfalt“, und die Moderation durch Conchita war insofern kongruent. Als WURST-Fortsatz schlug Österreichs Top-Presenter und Vokaldarsteller auch im Live-Programm auf, turnte geschmeidig durch sein edgy „Hit Me“. Tom Neuwirth lebt imagemäßig seinen Camäleon-Traum: Guidance nur aus der eigenen Mitte, da spielen sein Modeinteresse und die Spiellust mit Medien sowie die Ausreizung der täglich neuen Verwandlungsmöglichkeiten jeder Musikbiz-Vernunft einen Streich. Conchita, Wurst, Neuwirt, Mann, Frau, blond, schwarz, kahl, behaart, Latex oder Luftmasche: „Verlier den Überblick und verlier dich genüsslich darin“ scheint seine Botschaft ans Publikum bzw. seine Musiklebensabschnittsinteressenten zu sein. Wunderbares Anschauungsmaterial für den Musikbusiness-Unterricht: „anything goes“ – oder dann doch nicht? Die Zukunft wird antworten.
Licht und Bühne im Volkstheater waren kreativ und opulent, manche Band (Josh.) hatte sich die Mühe gemacht, das notwendige Playback vorher live einzuspielen – Credibility als Sound-, nicht als Lippenbekenntnis. Buch und Moderationstexte vom LEA-gestählte Andy Zahradnik konnten auf ganzer Linie überzeugen, die Off-Voice-Texte der Vorabvideos zu den Genrepreisen waren gescheit, nicht zu gescheit, mit Witz und Esprit für jederfrau formuliert, ohne den TV-Zuseher zu überfordern oder die abgebrühte Branchenmeute zu unterfordern. Dafür zeichneten Lené Tica sowie Regisseur und Executive Producer Lukas Dudzik Stevenson verantwortlich.
Besonders die Medleys und Kurzauftritte in den verschiedenen Genres waren kurzweilig und präsentierten gemäß dem Motto des Abends eine bunte und erstaunliche Vielfalt der heimischen Musikszene, die auch beim nächsten, 20-jährigen Jubiläums-AMADEUS auf diese Weise vor den Vorhang und auf die TV-Schirme sollte – alles auf der Liste.